Gemeinsam ist Alzheimer schöner - Peter Turrini - Kammerspiele der Josefstadt
Gemeinsam ist Alzheimer schöner
Peter Turrini
Uraufführung
Premiere: 19. September 2020, Kammerspiele der Josefstadt
Regie: Alexander Kubelka
Bühnenbild: Florian Etti
Kostüme: Elisabeth Strauß
Musik: Patrick K.-H.
Dramaturgie: Leonie Seibold
Licht: Sebastian Schubert
Trailer: Jan Frankl
Er: Johannes Krisch
Sie: Maria Köstlinger
Der kleine Enkel: Moritz Hammer / Stanislaus Hauer
Stimme Alfred Nimmerrichter: Roman Schmelzer
Stimme Eckehard Gerl, MBA: Michael Dangl
Pressestimmen:
Ein Wunder von einem Kammerspiel ist Peter Turrini da geglückt: zwei ergiebige, glaubhafte Rollen, poetische, warmherzige Dialoge. Eine Pretiose in Zeiten der Novitäten-Inflation, in großer Besetzung.
(Kronen Zeitung)
Johannes Krisch und Maria Köstlinger brillieren. Man muss diese Aufführung lieben – und darf sie keinesfalls vergessen!
(Der Standard)
Das vielleicht schönste Stück, das Peter Turrini in den vergangenen Jahren geschrieben hat. Es geht um Liebe, um Zärtlichkeit, um Wut, um das Leben an sich. Herrlich leicht, tieftraurig, hinreißend komisch, politisch knallhart. Grandiose Schauspielkunst, genial.
(KURIER)
Die vielleicht beste Produktion dieses bewegten Theaterherbstes. Maria Köstlinger und Johannes Krisch brillieren in einer Fülle immer neu verblüffender Facetten. Die Schauspielkunst triumphiert in atemberaubender Weise.
(Die Presse)
Ein Erinnerungs-Paartanz mit berührenden Szenen, in denen Komik und Tragik einander die Waage halten.
(APA)
Maria Köstlinger und Johannes Krisch spielen mit großer Verve und ungebremst emotional. Und weil der Autor Peter Turrini heißt, schenkt er den beiden exzellenten Schauspielern nicht nur dramatische Monologe, lyrische und sentimentale Momente. Das Stück ist auch eine wütende, laute Abrechnung mit seiner eigenen Generation.
(Kleine Zeitung)
Inhalt:
"Heute muß ich mit euch über ein sehr irdisches Problem reden, über die leidige Vergeßlichkeit. Wer kennt das nicht. Das trifft ja nicht nur die fortgeschrittenen Semester, sondern auch Jüngere wie mich. Man will etwas Bestimmtes aus dem anderen Raum holen, geht mit flottem Schritt dorthin, und wenn man dort ist, weiß man plötzlich nicht mehr, was man eigentlich holen wollte. Keine Angst, Sie sind beileibe nicht auf dem Wege, Ihr Gedächtnis zu verlieren, Gott behüte. Ihr Hirn, das ja wie ein Muskel ist, ist nur ein bißchen untrainiert. Es sind kleine Erinnerungslücken."
Zwei Menschen, ein Paar, sitzen in einem Altersheim in der Abteilung für Demenzkranke. In Rückblenden lernt man die Vergangenheit dieser beiden kennen: Das Schöne des Anfangs und den langsamen Verlust des Schönen.
"Er" und "Sie", beide etwas älter, haben ihr Leben miteinander verbracht. Die Hochs wie die Tiefs, die guten und die schlechten Zeiten. Nun blicken sie in Anbetracht des herandräuenden Vergessens auf die gemeinsame Vergangenheit zurück, während die Gegenwart doch dabei ist, sie einzuholen...
Üblicherweise besteht die Dramaturgie eines Theaterstückes darin, daß die Figuren auf der Bühne mit immer mehr Details über sich selbst und ihren Charakter ausgestattet werden. Am Ende des Stückes wissen sie im besten Falle mehr über sich, und das Publikum weiß mehr über die Welt.
Was aber geschieht, wenn die Figuren eines Stückes immer vergeßlicher werden oder am Ende gar dement sind und alles, was sie je ausgemacht hat, vergessen haben? Was bleibt von einem Menschen übrig, wenn nichts von einem übrigbleibt?
Läßt sich unter der Prämisse, daß zwei Menschen sich selbst und dem Publikum immer fremder werden, eine Theaterdramaturgie aufrechterhalten? Zum Beispiel diese: Zwei Menschen, ein Paar, sitzen in einem Altersheim in der Abteilung für Demenzkranke. In Rückblenden lernt man die Vergangenheit dieser beiden kennen: Das Schöne des Anfangs und den lang samen Verlust des Schönen. Die immer heftiger werdenden gegenseitigen Vorwürfe, die mit zunehmender Vergeßlichkeit immer unspezifischer werden, indem sie einander Dinge vorwerfen, die sie gar nicht miteinander erlebt haben, weil sich die Erinnerung mehr und mehr verfälscht. Könnten diese zwei Alten, die am Ende einander nicht mehr erkennen, noch einmal von vorne anfangen? Könnte der letzte Akt ein schüchterner Versuch des Kennenlernens und Verliebens sein, als wären sie einander noch nie begegnet? Ist die Leere, der Verlust des Gewesenen der kommende Tod oder ein neuer Anfang?
Peter Turrini